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Der Geldmachtkomplex: Eine Theorie der Power Structure Research


Nachdem bisher versucht wurde die Bilderberg Group empirisch zu fassen, stellt sich nun die Frage der Theoriebildung. Wie lassen sich Phänomene wie die Bilderberg Group erklären? Die Machtstrukturforschung (Power Structure Research) erforscht formelle und informelle soziale Netzwerke in denen sich viel Macht konzentriert. Die Bilderberg Group ist ein Paradebeispiel für ein solches informelles Netzwerk.

Der Geldmachtkomplex: Power Structure Research im 21. Jahrhundert

Der Geldmachtkomlpex ist ein sozialwissenschaftliches Konzept zur Erfassung von Machtstrukturen. Der Unterschied zwischen einem Geldmachtkomplex und einem Geldmachtapparat ist, dass ein Komplex ein offenes System impliziert, während ein Apparat zunächst Geschlossenheit impliziert. Zudem trägt der Begriff des Komplexes der ungeheuren Dynamik innerhalb dieses Systems Rechnung, so gibt es zahlreiche wirkende Kräfte, welche durchaus auch gegeneinander laufen und zu ausgeprägten Konflikten führen können.





(Krysmanski 2006)

 
Der Geldmachtkomplex lässt sich zunächst in vier Machtsphären diffenzieren. Im Kern stehen die Superreichen. Um sie herum ist ein Kreis von Konzern- und Finanzeliten, der CEO-Komplex (vgl. Krysmanski 2004: 58). Sie haben die Macht das Geld der Superreichen erhalten und vermehren zu können. Sie verfügen demnach über Verwertungsmacht. Erst im dritten Ring des Komplexes sind die politischen Eliten angesiedelt. Sie haben die Macht über Steuern auf einen Teil der Geldmacht zuzugreifen und damit gesellschaftlich-gestaltend aktiv zu werden. Die vierte Sphäre ist die Sphäre der Funktionalen und Wissenseliten. Die Medien, Universitäten, private Think Tanks, hohe Beamte oder Stiftungen sind nur einige Akteure, welche sich in dieser Sphäre tummeln. All diese Institutionen und Akteure verfügen auf Grund ihrer gesellschaftlichen Rolle über Wissensmacht.
Die Trennung des Komplexes in vier Sphären darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Übergänge fließend sind und es sich um das Innenleben eines Komplexes handelt, welcher vor allem gegenüber der sozialen Umwelt abzugrenzen ist. Gleichzeitig können einzelne Akteure gleich mehreren Ebenen zugeordnet werden. Ein Beispiel. Silvio Berlusconi war einerseits Ministerpräsident und verfügte demnach über Verteilungsmacht. Gleichzeitig verfügt er über mehrere Milliarden Dollar also Geldmacht. Da er zusätzlich als Gründer des Konzern Mediaset über Wissensmacht, sowie als selbständiger Unternehmer über Verwertungsmacht verfügt, ist Berlusconi ein Beispiel, wie eine Person zu allen vier Ringen des Geldmachtkomplexes zugeordnet werden kann. Die einzelnen Machtkategorien können demnach akkumuliert werden. Gleichzeitig können die einzelne Akteure zwischen den einzelnen Sphären wechseln. insbesondere Spitzenpolitiker gehen nach iherer politischen Laufbahn gerne in die Wirtschaft.

Power Structure Research

Die Theorie des Geldmachtkomplexes ist lediglich eine Theorie der so genannten Power Structure Research (Machtstrukturforschung). Diese Forschungsdisziplin, welche vor allem auf Charles Wright Mills, Floyd Hunter, Ferdinand Lundberg und Thorstein Velben zurückgeht, hat ihren Ursprung wesentlich in den amerikanischen Sozialwissenschaften. Jedenfalls stellt die Power Structure Reasearch jenes wissenschaftliche Werkzeug bereit um Institutionen wie die Bilderberg Group zu erklären. Insgesamt gibt es nach Domhoff 5 Theoriegruppen der Power Structure Research (Vgl. Domhoff 2005).

1. Four Networks Theorie
2. Pluralismus Theorie
3. Elite Theorie
4. Theorie der State Autonomy
5. Marxismus

Diese Theorien und die dazu passenden wissenschaftlichen Werkzeuge sollten ergänzend zu einander betrachtet werden. Da sie verschiedene Aspekte betonen und so einen differenzierten Blick auf durchaus widersprüchliche Erscheinungen eröffnet. Durch die Zusammenführung dieser Theorien ist in sehr komplexer, aber zugleich schärferer Blick auf  jene sozialen Gruppen, welche als Eliten oder um mit Mills zu sprechen, als Machteliten, gelten können möglich.

Verschwörungstheorien

Die Bilderberg Group ist Gegenstand unzähliger Verschwörungstheorien. Diese behaupten, es handelt sich um "die" geheime Weltregierung, welche alle aktuellen und langfristigen gesellschaftlichen Entwicklung auslöst und gestaltet. Die Bilderberg Group repräsentiere die höchste Entscheidungsebene, außer es gibt weitere Geheimbünde, welche diese wiederum steuern.
Verschwörungstheorien machen den großen  Fehler gesellschaftliche Wirkungen auf eine winzige Gruppe, teilweise sogar auf einen Akteur zurückzuführen. Es handelt sich aber vielmehr um große Gruppen, welche in den Machtstrukturen des 21. Jahrhundert wichtige Schlüsselpositionen besetzt. Die genauen Zahlen bleiben zunächst im verborgenen.


Power Structure Research: Das lange Entstehen einer Wissenschaft

Die Power Structure Research hat die Aufgage zu klären, ob es Netzwerke aus hunderten, tausende, zehntausenden oder hunderttausenden Akteuren sind, welche die wesentliche gesellschaftliche Positionen besetzen. Hierzu muss sie allerdings zunächst definieren, was wesentliche gesellschaftliche Positionen überhaupt sind und tut gut daran sich bei der Erforschung an jene Worte zu erinern:

"Die großen Institutionen der modernen Gesellschaft: Der Staat, die Wirtschaft und die Streitkräfte. Sie stellen heute die eigentlichen Machtmittel dar und sie sind von größerer Bedeutung, denn je zuvor in der Menschheit. Die Befehlsstellen an der Spitze dieser Hierarchien sind es, die uns den Schlüssel zum soziologischen Verständnis der Rollen liefern, die die Führungsschichten in den Vereinigten Staaten spielt." (Mills 1956: 18)

Mills weiter denken heißt nun diese Beschränkung zu überwinden, wenngleich sie weiter das Zentrum der Analyse bildet. Das System funktioniert nur wenn alle Teile zusammenspielen.
Das krysmanskische Modell hat sich bei ersten empirischen Untersuchungen, etwa dem Council on Foreign Relations zunächst bewährt, aber es zeigte sich, dass die einzelnen Ringe weiter ausdifferenziert und vervollständigt werden sollen.
So müssen zudem die Zivilgesellschaft, insbesondere das Stiftungswesen, informelle Netzwerke und Clubs, wie die Bilderberg Konferenzen, die Wissenschaft, die Massenmedien, das Militär, und die Geheimdienste,  geheime Institutionen wie Skull and Bones, religiösen Institutionen, sowie nicht zuletzt, die Superreichen und der europäische Adel in das Modell integriert werden. Erste Ansätze hierfür liefert wieder Krysmanski (Vgl. Krysmanksi 2007).






Aber auch Domhoff liefert ein Erklärungsmodell (vgl. Domhoff zitieret nach Krysmanski 2007). Er stellt hierbei ins Zentrum, wie die Superreichen und die Wirtschaft über Universitäten, Stiftungen, Think Tanks Politik gestalten.




Die frühen Anfänge der Power Structure Research sind überwunden, einerseits sind Mills, Hunter, Lunberg und Velben zu Klassikern avanciert. Anderseits entwickelten sich inzwischen differenziertere Modelle, welche den gesellschaftlichen Entwicklungen seit den 50ern Rechnungen tragen, indem die Wissenschaft, die Medien und die Zivilgesellschaft intergriert werden (vgl. Klöckner 2007). Trotzdem sind nach wie vor nicht alle Gruppen in die Erklärungsmodelle integriert.

Die Wissenschaft "Power Structure Research", steckt nach über 50 Jahren, nach wie vor in ihren Kinderschuhen. Es fehlt an empirischen Daten, es fehlt an strukturierten Länderstudien, es fehlt an der Entwicklung einer globalen Machtstrukturanalyse, es fehlt an Erklärungen für Phänomene wie die  Bilderberg Group, der Trilateral Commission, dem Council on Foreign Relations und vieler mehr.



Quellen

Domhoff, Willam (2005): Alternative Theories
http://sociology.ucsc.edu/whorulesamerica/theory/alternative_theories.html

Krysmanski, Hans Jürgen (2004): Hirten und Wölfe. Wie Macht und Geldeliten sich die Welt aneignen. Oder Einladung zum Power Structure Research. Münster: Westfälischer Dampfboot Verlag.


Krysmanski, Hans Jürgen (2006): Wem gehört die EU?
http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wemgehoertdieeu/eu-web.htm


Krysmanski, Hans-Jürgen (2007): Power Structure Research
http://www.uni-muenster.de/PeaCon/global-texte/g-reich-2/souveraen.htm


Mills, C. Wright (1962): Die Amerikanische Elite. Gesellschaft und Macht in den Vereinigten Staaten. Holstein-Verlag: Hamburg. (Im Original: The Power Elite, 1956)

 


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Projekt

Diese Hompage ist ein Teil des Forschungsprojektes "Wem gehört die EU?" am Institut für Soziologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

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